Robert Seidel: F60

22. April 2023 – 3. Juni 2023

Überlebensgroß porträtiert Robert Seidel vier Menschen, drei von ihnen mit weißem Helm eindeutig als Arbeiterinnen und Arbeiter zu erkennen Vor lehmiger Kulisse oder zwischen den Streben und Leitungen massiver Maschinen werden sie erkennbar als Bergleute. Im Osten Sachsens und weiteren Regionen der Lausitz wird in riesigen Tagebauen Braunkohle gefördert. Die dort eingesetzte Fördebrücke F60 leiht der Ausstellung den Titel. Neben Menschen zeigt Robert Seidel Malereien von Werksfahrzeuge und Fossilien. Diese Gerippe sind Zeugen längst vergangener Zeiten und treten zu Tage, wenn der Boden aufgebaggert wird. Schon bald soll in der Lausitz nicht mehr gebaggert werden.

Über ein Jahr lang hat Robert Seidel die Region immer wieder besucht, die tiefen Gruben mit dem Fahrrad umrundet, Menschen getroffen, zugehört, Bagger besichtigt und viele Fotos gemacht.

Die Bilder der vier Porträtierten sehen auf den ersten Blick genau so aus aus wie beiläufig entstandene Fotos – eine Frau hat sogar die Augen geschlossen. Robert bleibt ganz nah an den fotografischen Vorlagen und überführt den eingefangenen Moment in aller Authentizität in Malerei. Monate lang sitzt er an einem Porträt, widmet sich mit Sensibilität und großer Akkuratesse dem Faltenwurf der Jacke und dem Schattenspiel um die Augen. Ohne einzugreifen oder zu ästhetisieren zeigt er, was und wen er gesehen hat: Sibylle, Christian, Siegmund und Jenny.

Diese beobachtende, dokumetierende Haltung hat sich Robert Seidel zum Maßstab gemacht und findet in ihr einen so sensiblen wie eindrucksvollen Weg, der brisanten und hoch aktuellen Thematik des Strukturwandels in der Energieversorgung zu begegnen.

Roberts Interesse für Maschinen, Mechanismen und Formen trifft hier auf seinen empathischen, achtsamen Umgang mit den Menschen, für die dieser tiefgreifende Umbruch ganz individuelle Konsequenzen und Veränderungen bedeutet. Er spricht von den großen globalen Herausforderungen, indem er ganz nah heran tritt an die Menschen. Und er dokumentiert den Moment des Umbruchs nicht bloß, er würdigt und bewahrt ihn.