Anaïs Goupy, Nadine Kolodziey & Christiane Peschek: Bliss Mode

9. März – 13. April 2024
Eröffnung: 9. März, 16 – 20 Uhr

Der Körper schmiegt sich in diese enge Fuge zwischen den Dimensionen. Zur einen Seite fest und warm, ganz Physis und Oberfläche. Vielleicht ist das Haut? Zur anderen Seite gar keine Anhaltspunkte. Ein unendlicher Möglichkeitsraum, der sich flimmernd und verführerisch öffnet. Irgendwie sehr süße Wesen flattern herum, zerfallen zu Sternenstaub, der hier aus Pixeln gemacht ist. Da stimmt doch was nicht – es sieht ganz unnatürlich aus. Und schon sitzen wir in der Falle, glauben zu wollen, dass die echte und physische Welt wirklicher ist als die große Sphäre der digitalen Creatures, Features und Futures.

Anais Goupy hat den weiblichen Körper im Blick, der in der virtuellen Welt unzähligen Zuschreibungen und Vereinnahmungen ausgesetzt ist. Die Ambivalenz ist enorm, wenn sich Gesten der Verführung und Deformierungen überlagern und ganz widersprüchliche Gefühle auslösen. Hier ist nichts natürlich, aber der Fake ist echt! Goupys Arbeiten auf Leinwand haben Plastizität, die Struktur der Oberfläche ist reliefhaft und malerisch. Die farbige Dimension jedoch setzt sich über traditionelle Techniken hinweg und spielt KI-generierte Bilddaten ein.

Christiane Peschek bedient sich des Algorithmus, der in den sozialen Medien eigentlich sie als Userin ausspähen und tracken soll. Aus der Bilderflut, die sie – basierend auf den eigenen Suchanfragen – umspült, extrahiert Peschek Motive von Hunden, optimiert sie mit Filtern und überführt die süßesten, zuckerwattigsten Kreaturen aus der digitalen Welt in die analoge. Der harte, glatte Screen ist dabei Scharnier und Spiegel zugleich, die Leinwand jedoch soft und die Cuteness so real wie die Welpen synthetisch.

Nadine Kolodziey überschreitet die Grenzen von physischer und digitaler Welt souverän in beide Richtungen. In ihren Gärten wachsen phantastische Pflanzen und Formen, die aus virtuellen Sphären in den Ausstellungsraum hinein ragen. Festgehalten auf Alu-Dibond ahnen wir, welch‘ unendlichen Weiten sie entstammen. Kleine, kostbare Objekte – Netsuke genannt – haben ihren Ursprung in der großbürgerlichen Kultur Japans im 17. Jahrhunderts. Diese Preziosen sind Wurmlöcher in die andere Dimension, in der wir uns cyber fühlen und nicht mehr ganz sicher sind, ob all die schönen Emotionen im Körper oder doch im Hyperspace gedeihen.

Bliss Mode – Wonne Modus. Glückseligkeit als Praxis, ein- und ausschaltbar wie ein Display. Die digitale Sphäre erweitert den Spielraum und erlaubt neue, sinnliche und ästhetische Erfahrungen. Nicht bloß berauschender Konsum, fröhliche Oberflächen und ein unendlicher Strom von Idealen und Gefühlen stehen hier offen. Auch ethische, kulturelle und politische Fragen werden zu stellen und zu beantworten sein. An der Schnittstelle von physischer und virtueller Welt manifestiert sich in der künstlerischen Arbeit von Peschek, Goupy und Kolodziey die Tatsache, dass beide Dimensionen nicht mehr separat voneinander betrachtet werden können. Unser visuelle Erfahrung kalkuliert längst digitale Ästhetiken ein, der Blick auf Körper, Natur und Gesellschaft ist von ihnen geprägt und nicht mehr zu trennen. Die Möglichkeitsräume der Zukunft werden hier verhandelt, erprobt und als neu zu gestaltende Erweiterung gefeiert.

 

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